Spediteur Neutralität verletzt - rechtliche Möglichkeiten

    • Spediteur Neutralität verletzt - rechtliche Möglichkeiten

      Sehr geehrte Damen und Herren,

      Hintergrund:
      Wir sind ein familäres, inhabergeführtes Handelsunternehmen (<10 MA) aus der chemischen Industrie. Wir kaufen Materialien auf, qualifizieren, verifizieren und konfektionieren und verkaufen sie dann passgenau weiter.

      Wir haben Lager als auch Speditionslager. Unser Spediteur an diesem Speditionslager übernimmt die Neutralisierung und Probenentnahme. Er ist vertraglich gebunden, als auch für jeden Speditionsauftrag detailliert instruiert. Er genießt durch seine Stellung unser besonderes Vertrauen.

      In der Vergangenheit ergaben sich Verdachtsmomente, dass die Neutralität nicht eingehalten wurde. Die Spediteur-GL sicherte in einem nachfolgenden persönlichen Gespräch zu, dass diese verlässlich eingehalten wird.

      Fallgegenstand:
      Von einer Anfahrstelle holte dieser Spediteur die Ware ab und brachte sie an das Speditionslager. Dort nahm er die Neutralisierung vor, schickte uns zum Beweis drei Fotos, die Gebinde nur mit unseren Markierungszetteln zeigten, entnahm Proben und wir gaben anschließend die Verbringung frei.

      Der Partie lag eine außerordentliche Eigenschaft an, die unser Kunde schließlich doch nicht verarbeiten konnte. Das Material wurde reklamiert und wir nahmen es zurück an unser Lager.

      In unserem Lager stellten wir fest, dass sämtliche Gebinde Markierungszettel der Anfahrstelle trugen. Unsere Markierungszettel wurden auf Geschäftsbriefbögen der Spedition gedruckt und zum Teil neben, zum Teil direkt über die Markierungen der Anfahrstelle auf den Gebinden beklebt.

      Die detaillierten Arbeitsschritte zur Neutralisierung wurden nicht eingehalten, gleichwohl berechnet. Die zugeschickten Bilder repräsentierten nicht die erfolgte Neutralisierung. Dass die Spedition ihre Geschäftsbriefbögen nutzte, war auf den Bildern nicht erkennbar (die Geschäftsdaten befinden sich kleingedruckt in der Fußzeile). Es gibt in keinster Weise irgendeine Vereinbarung, dass unser Spediteur die Geschäftshoheit über unser Material sich aneignen darf.

      Schaden:
      Vertragsbruch: Die Neutralität wurde systematisch verletzt. Die Leistung ist nicht erfolgt, wurde aber trotzdem berechnet.
      Arglistige Täuschung: Die Markierungszettel der Anfahrstelle haben wir von den Gebinden in unserem Lager entnommen; die gemachten Bilder seitens des Spediteurs zwecks Dokumentation der erfolgten Neutralisierung muss also als arglistige Täuschung gewertet werden.
      Geschäftsaneignung: Die Verwendung von Geschäftsbriefbögen suggeriert unserem Kunden eine Verantwortbarkeit seitens des Spediteurs für die Ware, die so nicht anliegt.
      Geschäftsausfall: Folgeladungen dieser Verbringung kann unser Kunde nun direkt mit der Anfahrstelle ohne unser Zutun ordern. Das bedeutet Geschäftsausfall von mindestens vier Ladungen pro Jahr bzw. ca. 100 TEUR.

      Frage:
      Gibt es hier Rechtsentscheidungen und / oder gesetzliche Regelungen, die uns erlauben, Anspruch auf Schadensersatz zu erheben?
      Falls ja, was wären Beweismittel, die man in so einer Situation vorbringen muss?

      Vielen Dank für Ihre Zeit.
    • Vielen Dank für Ihre Antwort.

      Eine rechtsverbindliche Auskunft möchten wir hier natürlich nicht einholen.

      Wir haben nur in der Vergangenheit vor allem in problematischen Situationen Spediteure als teflonbeschichtet kennengelernt. Aussitzen war angesagt. Rechtlichen Hebel fehlten die Eindeutigkeit.

      In diesem Fall aber ist der Bogen überspannt. Wir möchten Rechtsmittel nutzen, wissen aber nicht, welche hier anliegen. An welchen Fachbereich sollte man sich wenden? Logisitk- und Verkehrsrecht? Wirtschaftsrecht? Fachanwalt für Schadensersatzklagen?

      Nochmals vielen Dank!
    • Eine Verletzung der Neutralität dürfte in Richtung Vermögensschaden gehen.

      Selbst wenn Ihr Kunde jetzt direkt bei der "Anfahrstelle" ordert, dürfte es Ihnen vor Gericht mehr als schwer fallen, einen tatsächlich entgangenen Gewinn zu beziffern, da i..d.R. mit Nichtwissen bestritten wird, das Ihr Kunde auch ohne diesen Fehler nochmal was bestellt hätte bzw. wieviel er denn dann bestellt hätte. Ist ein saftiger Streitwert mit ungewissen Ausgang.

      Die nichterbrachte Leistung können Sie zurück fordern, das Sie ja nach eigener Aussage alles dokumentiert haben.

      Das eine Spedition hauseigene KVO- bzw. CMR- Frachtbriefe nutzt, ist eigentlich täglich gelebte Praxis. Daran gibt es nichts auszusetzen und damit eignet sich auch niemand Ware an. Bestehen Sie einfach zukünftig auf einer Lieferscheinquittung. Davon können Sie auch die Begleichung der Rechnung abhängig machen. Dies sollte Ihr Spediteur auch ohne Probleme hinbekommen, da zwischenzeitlich z.B. alle Läger deutscher Discounter nur noch mit Lieferschein des Versenders angefahren werden können und bei einem Frachtbrief des Spediteurs gar nicht erst ausgeladen wird.

      Suchen Sie weiterhin auch ein klärendes Gespräch mit dem GF. Auf deutschen Speditionslägern werden auch Sendungen von Kunden, welche gute Frachtentgelte bezahlen, nur noch von Analphabeten mit Migrationshintergrund gehandelt. Wenn Sie die Zusatzleistungen alle entsprechend vergüten, sollte es möglich erscheinen, das die Tätigkeit zukünftig von einem MA ausgeführt wird, der lesen und schreiben kann.

      gruß thommy
      Toleranz ist der Verdacht, das der andere Recht hat . Kurt Tucholsky

      Ein chinesisches Sprichwort sagt: Schläfst du ein mit Hintern der juckt, wachst du auf mit Finger der stinkt!
    • sehe ich ähnlich wie Thimmy ...


      Entgangene Gewinne zu beweisen wird mehr als schwierig. Hier hilft für die Zukunft nur ein Gespräch mit der GF ODER der Wechsel zu einem neuen Dienstleister (bei dem auch nur Menschen beschäftigt sind.)

      Falschabgerechnete bzw. Nichterbrachte Leistungsvergütungen sollte ein(rück)forderbar sein.


      Wenn bei dem heiklen Thema "Neutralität" nicht alles Detailgenau und schriftlich vereinbart wurde, wird es sehr schwierig rechtliche Maßnahmen durchzusetzen.
      .




      Der Geruchskoeffizient gewisser finanzieller Mittel ist permanent gleich null!

      Alle meine Beiträge geben meine persönliche Meinung und Erfahrung wieder. Annahme von Ratschlägen oder Nachahmungen auf eigenes Risiko.
    • ticktock schrieb:

      Sehr geehrte Damen und Herren,

      Hintergrund:
      Wir sind ein familäres, inhabergeführtes Handelsunternehmen (<10 MA) aus der chemischen Industrie. Wir kaufen Materialien auf, qualifizieren, verifizieren und konfektionieren und verkaufen sie dann passgenau weiter.

      Wir haben Lager als auch Speditionslager. Unser Spediteur an diesem Speditionslager übernimmt die Neutralisierung und Probenentnahme. Er ist vertraglich gebunden, als auch für jeden Speditionsauftrag detailliert instruiert. Er genießt durch seine Stellung unser besonderes Vertrauen.

      In der Vergangenheit ergaben sich Verdachtsmomente, dass die Neutralität nicht eingehalten wurde. Die Spediteur-GL sicherte in einem nachfolgenden persönlichen Gespräch zu, dass diese verlässlich eingehalten wird.

      Fallgegenstand:
      Von einer Anfahrstelle holte dieser Spediteur die Ware ab und brachte sie an das Speditionslager. Dort nahm er die Neutralisierung vor, schickte uns zum Beweis drei Fotos, die Gebinde nur mit unseren Markierungszetteln zeigten, entnahm Proben und wir gaben anschließend die Verbringung frei.

      Der Partie lag eine außerordentliche Eigenschaft an, die unser Kunde schließlich doch nicht verarbeiten konnte. Das Material wurde reklamiert und wir nahmen es zurück an unser Lager.

      In unserem Lager stellten wir fest, dass sämtliche Gebinde Markierungszettel der Anfahrstelle trugen. Unsere Markierungszettel wurden auf Geschäftsbriefbögen der Spedition gedruckt und zum Teil neben, zum Teil direkt über die Markierungen der Anfahrstelle auf den Gebinden beklebt.

      Die detaillierten Arbeitsschritte zur Neutralisierung wurden nicht eingehalten, gleichwohl berechnet. Die zugeschickten Bilder repräsentierten nicht die erfolgte Neutralisierung. Dass die Spedition ihre Geschäftsbriefbögen nutzte, war auf den Bildern nicht erkennbar (die Geschäftsdaten befinden sich kleingedruckt in der Fußzeile). Es gibt in keinster Weise irgendeine Vereinbarung, dass unser Spediteur die Geschäftshoheit über unser Material sich aneignen darf.

      Schaden:
      Vertragsbruch: Die Neutralität wurde systematisch verletzt. Die Leistung ist nicht erfolgt, wurde aber trotzdem berechnet.
      Arglistige Täuschung: Die Markierungszettel der Anfahrstelle haben wir von den Gebinden in unserem Lager entnommen; die gemachten Bilder seitens des Spediteurs zwecks Dokumentation der erfolgten Neutralisierung muss also als arglistige Täuschung gewertet werden.
      Geschäftsaneignung: Die Verwendung von Geschäftsbriefbögen suggeriert unserem Kunden eine Verantwortbarkeit seitens des Spediteurs für die Ware, die so nicht anliegt.
      Geschäftsausfall: Folgeladungen dieser Verbringung kann unser Kunde nun direkt mit der Anfahrstelle ohne unser Zutun ordern. Das bedeutet Geschäftsausfall von mindestens vier Ladungen pro Jahr bzw. ca. 100 TEUR.

      Frage:
      Gibt es hier Rechtsentscheidungen und / oder gesetzliche Regelungen, die uns erlauben, Anspruch auf Schadensersatz zu erheben?
      Falls ja, was wären Beweismittel, die man in so einer Situation vorbringen muss?

      Vielen Dank für Ihre Zeit.

      Hallo ticktock,

      knifflige und meiner Meinung nach für Dich leider aussichtslose Sache und das sage ich nicht, weil ich auch Spediteur bin und Dir mit der Aussage des "Aussitzens" zustimme.


      Du wirst mit deinem Sachverhalt mehrere Probleme haben, deinen Spediteur festzunageln.

      Wenn ihr einen Fixvertrag alla: Vorholung, Neutralisierung, Zustellung für z.B. 10 € pro Palette etc. habt, dann sagt der clevere Spediteur, dass er die Neutralisierug als kostenlosen Service gemacht hat und dann wird es schwer da Geld zurückzuverlangen und wenn, dann nur in einem sehr begrenzten Bereich.


      Bei Arglistiger Täuschung und Geschäftsaneignung wäre ich sehr vorsichtig. Du schreibst ja selbst, dass die Neutralisierung nicht sonderlich "professionell" durchgeführt wurde. Evtl. hat der Spedi es immer ordentlich gemacht und just bei der unglückslieferung sind Ihm die Ettiketen ausgegangen und er hat halt irgendwas auf seinen Briefpapier gedruckt und mit Sprühkleber dann drauf gepackt. Da wird es für Dich sehr schwer zu beweisen, dass er es verbockt hat. Evtl. hat ja der Empfänger die Ettiketen runtergerissen oder durch schlechte verklebung etc. sind diese verrutscht.

      Wenn Ihr dass nicht äußerst detailiert und idiotensicher in einem Vertrag festgelegt hat, dann wirst du Ihn auch nicht nicht großartig belangen können.


      Der Auftragsverlust ist dann wieder so eine Sache. Du müsstest nachweisen, dass dein Kunde nun direkt mit deinem Lieferanten Geschäfte macht und die Ursache dafür der Spediteur ist. Nur wie willst du das beweisen ?


      Ich sehe daher leider Schwarz und würde wenn Ihr schon mehrfach den Verdacht habt, dass da was nicht passt den Dienstleister wechseln und diesen dann ggf. Stichprobenartig kontrollieren.