ganz neue Sitten !!

    • ganz neue Sitten !!

      So geschah es auch in einem Ende August 2010 vom Arbeitsgericht (ArbG) Hamburg entschiedenen Fall (Urteil vom 31.08.2010, 19 Ca 215/10). Ein in einem Kleinbetrieb arbeitender Verpacker hatte hier seinen Arbeitgeber mehrmals vergeblich um neue Arbeitsschuhe gebeten, da die alten inzwischen kaputt gegangen waren. Bei einem dieser Gespräche sagte sein Vorgesetzter zu ihm: "Verlassen Sie mein Büro. Ich will Sie hier nicht mehr sehen. Ich will nicht mit Ihnen reden." Höchstens fünf Tage später - dazwischen lag ein Wochenende - kündigte der Arbeitgeber dem Kläger ordentlich. Im darauf folgenden Kündigungsschutzprozess ließ er vortragen, die Kündigung sei aus wirtschaftlichen Gründen erfolgt. Er verwies dabei auf den schlechten Jahresabschluss 2009, eine zwei Monate vor der Kündigung beendete Zeit der Kurzarbeit und die Kündigung von fünf anderen Arbeitnehmern.

      Das ArbG Hamburg ließ sich hiervon nicht beeindrucken.

      Der enge zeitliche Zusammenhang zwischen der berechtigten Bitte um neue Schuhe und der Kündigung spräche im Sinne eines eines Anscheinsbeweises für eine Maßregelung. Auch die Aussagen des Vorgesetzten passten aus Sicht des Gerichts "zu der Entwicklung einer auf Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichteten Absicht, auch wenn sich diese in der zitierten Äußerung selbst noch nicht zwingend nachweisen lässt".

      Demgegenüber war der Erklärungsversuch des Arbeitgebers wenig überzeugend. Das Gericht verwies insoweit auf den vergleichsweise großen zeitlichen Abstand zwischen der Bilanzerstellung, dem Ende der Kurzarbeit und der Entlassung der anderen Arbeitnehmer einerseits und der Entlassung des klagenden Verpackers andererseits.

      Das Arbeitsgericht Hamburg hielt die Kündigung daher als Verstoß gegen das gesetzliche Maßregelungsverbot für unwirksam.

      Die Entscheidung rechtskräftig.

      Fazit: Hätte der Arbeitgeber auch nur geringfügig länger mit der Kündigung gewartet, wäre es dem Arbeitnehmer äußerst schwer gefallen, die Maßregelung nachzuweisen. Denn der für einen Anscheinsbeweis ausreichende "enge zeitliche Zusammenhang" kann schon nach wenigen Tagen nicht mehr angenommen werden. Als Obergrenze dürfte hier in etwa eine Woche anzusehen sein. Die Kündigung wäre dann ohne weiteres wirksam gewesen; der Arbeitnehmer hatte also schlicht Glück im Unglück.


      Jeglicher Kommentar überflüssig ....