Deutschlands längste Autobahn ist fertig
Von Klaus Schlösser 25. August 2009, 17:12 Uhr
Von Dänemark bis nach Österreich: Die Nord-Süd-Verbindung A7 ist fertig. Was bleiben sind 980 Kilometer Asphalt und 980 Kilometer Rechtsstreit. Eine Geschichte über wirtschaftlichen Ruin, Navigationsgeräte und Naturschützer, aus denen plötzlich Autobahnbefürworter wurden.
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Die längste Autobahn Deutschlands ist fertig. Nach langem Rechtsstreit wird nun auch
das letzte Teilstück im Allgäu fertiggestellt.
Am 1. September wird im Allgäu die letzte Lücke der längsten Autobahn Deutschlands, der A7, geschlossen. Von der dänischen Grenze bei Flensburg bis zur österreichischen Grenze bei Füssen können Autofahrer künftig auf der A7 durchfahren.
Aber die Autobahn ist mit 980 Kilometern nicht nur die längste Fernstraße, sondern auch die mit dem längsten Rechtsstreit um ihre Vollendung. Zum Unmut der vom Verkehr geplagten Bevölkerung im Füssener Voralpenland hat der Bund Naturschutz (BN) durch alle Instanzen gegen das 14,5 Kilometer lange letzte Teilstück geklagt. Das Ergebnis war eine Bauverzögerung um mehr als 20 Jahre.
Seit 1985 gibt es einen Planfeststellungsbeschluss für die Trasse zwischen Hopfensee und Weißensee durch das idyllische Füssener Voralpenland mit Blick auf Schloss Neuschwanstein zum Grenztunnel Füssen.
Zunächst hatte der Bund Naturschutz im Kampf gegen diesen Autobahnabschnitt die Landwirte an seiner Seite. Es gab 5000 Einwendungen und 170 Klagen. Der BN konnte sogar ein Sperrgrundstück und damit das Klagerecht als Betroffener erwerben.
Die spätere Einführung des Verbandsklagerechts war einer von mehreren Anlässen, das Verfahren durch alle Instanzen neu aufzurollen, um eine andere, kürzere Trassenführung über Pfronten zu erreichen.
Keine dieser Klagen hatte jemals Erfolg. Die A7 habe in Deutschland Rechtsgeschichte geschrieben, sagte der damalige bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU).
Die zunehmende Verkehrsbelastung spülte unterdessen auf engen Landstraßen eine immer schneller anwachsende Blechlawine durch die kleinen Dörfer zwischen dem provisorischen A7-Ende bei Nesselwang und der deutsch-österreichischen Grenze bei Füssen.
Für zusätzlichen Schub sorgten die Navigationsgeräte, die den Urlaubsreisenden aus dem Norden Deutschlands deutlich machten, dass die Strecke durchs Allgäu über den Tiroler Fernpass bis Innsbruck rund 100 Kilometer kürzer ist als die Fahrt über München.
Vom Verkehr zermürbt kämpft die Bevölkerung inzwischen längst für die Autobahn und gegen die Naturschützer. Der BN ließ sich dadurch nicht beeindrucken. Die letzte, vier Jahre dauernde Verzögerung des Baus erreichte der Verband mit Hilfe der EU.
Weil Bayern mit der Auflistung von ökologisch wertvollen FFH-Gebieten (Flora-Fauna-Habitat) im Verzug war und die Naturschützer zwei solcher Gebiete ausgerechnet im geplanten Trassenverlauf ausgemacht hatten, kam es durch erneute Rechtsmittel zu einem Baustopp.
Eine dieser beiden Flächen ist ein fußballfeldgroßes Quellmoor in einer Talsenke bei Enzenstetten. Um bei diesem Teilaspekt des Mammutverfahrens die Siegerstraße nicht zu verlassen, entschlossen sich die Autobahnbauer, den geplanten Damm durch eine Brücke über das Moor zu ersetzen. Es hätte eine Stahlkonstruktion werden sollen. Doch dann trieben die explodierenden Rohstoffpreise eine beteiligte Baufirma an den Rand des Ruins. Als Kompromiss machten die Behörden ein Zugeständnis: Die Brücke wurde in Beton gebaut. Wegen des höheren Gewichts musste das Fundament nunmehr mit 4000 statt mit 3000 Pfählen im Talgrund verankert werden, was erneut für eine Zeitverzögerung sorgte.
Wenn am 1. September die Strecke von Nesselwang bis zum Grenztunnel offiziell freigegeben wird, ist die Talbrücke Enzenstetten noch zur einen Hälfte im Bau. Die Fahrbahn wird vorläufig auf rund einem Kilometer Länge auf zwei Spuren verengt.
Die Bevölkerung im Füssener Voralpenland lässt sich dadurch ihre Freude über die Verkehrsentlastung nicht vergällen. Die seit Jahrzehnten vom Durchgangsverkehr besonders geplagte Gemeinde Nesselwang hat für Ende September zu einer „A-7-Party“ eingeladen. „Wenn wir mal ein paar Tage durchgeschnauft haben, werden wir unsere Ortsdurchfahrt komplett sperren, für ein paar Stunden zu einer großen Fußgängerzone umgestalten und die Chronologie der Baugeschichte ausstellen“, sagt Bürgermeister Franz Erhart: „Unsere Begeisterung über die Fertigstellung ist jedenfalls riesengroß.“
(Quelle: welt.de/reise/article4394691/D…-Autobahn-ist-fertig.html)
Von Klaus Schlösser 25. August 2009, 17:12 Uhr
Von Dänemark bis nach Österreich: Die Nord-Süd-Verbindung A7 ist fertig. Was bleiben sind 980 Kilometer Asphalt und 980 Kilometer Rechtsstreit. Eine Geschichte über wirtschaftlichen Ruin, Navigationsgeräte und Naturschützer, aus denen plötzlich Autobahnbefürworter wurden.
[Blockierte Grafik: http://www.welt.de/multimedia/archive/1251213140000/00883/A7_BM_Reise_Oy_Mitt_883231g.jpg]
Die längste Autobahn Deutschlands ist fertig. Nach langem Rechtsstreit wird nun auch
das letzte Teilstück im Allgäu fertiggestellt.
Am 1. September wird im Allgäu die letzte Lücke der längsten Autobahn Deutschlands, der A7, geschlossen. Von der dänischen Grenze bei Flensburg bis zur österreichischen Grenze bei Füssen können Autofahrer künftig auf der A7 durchfahren.
Aber die Autobahn ist mit 980 Kilometern nicht nur die längste Fernstraße, sondern auch die mit dem längsten Rechtsstreit um ihre Vollendung. Zum Unmut der vom Verkehr geplagten Bevölkerung im Füssener Voralpenland hat der Bund Naturschutz (BN) durch alle Instanzen gegen das 14,5 Kilometer lange letzte Teilstück geklagt. Das Ergebnis war eine Bauverzögerung um mehr als 20 Jahre.
Seit 1985 gibt es einen Planfeststellungsbeschluss für die Trasse zwischen Hopfensee und Weißensee durch das idyllische Füssener Voralpenland mit Blick auf Schloss Neuschwanstein zum Grenztunnel Füssen.
Zunächst hatte der Bund Naturschutz im Kampf gegen diesen Autobahnabschnitt die Landwirte an seiner Seite. Es gab 5000 Einwendungen und 170 Klagen. Der BN konnte sogar ein Sperrgrundstück und damit das Klagerecht als Betroffener erwerben.
Die spätere Einführung des Verbandsklagerechts war einer von mehreren Anlässen, das Verfahren durch alle Instanzen neu aufzurollen, um eine andere, kürzere Trassenführung über Pfronten zu erreichen.
Keine dieser Klagen hatte jemals Erfolg. Die A7 habe in Deutschland Rechtsgeschichte geschrieben, sagte der damalige bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU).
Die zunehmende Verkehrsbelastung spülte unterdessen auf engen Landstraßen eine immer schneller anwachsende Blechlawine durch die kleinen Dörfer zwischen dem provisorischen A7-Ende bei Nesselwang und der deutsch-österreichischen Grenze bei Füssen.
Für zusätzlichen Schub sorgten die Navigationsgeräte, die den Urlaubsreisenden aus dem Norden Deutschlands deutlich machten, dass die Strecke durchs Allgäu über den Tiroler Fernpass bis Innsbruck rund 100 Kilometer kürzer ist als die Fahrt über München.
Vom Verkehr zermürbt kämpft die Bevölkerung inzwischen längst für die Autobahn und gegen die Naturschützer. Der BN ließ sich dadurch nicht beeindrucken. Die letzte, vier Jahre dauernde Verzögerung des Baus erreichte der Verband mit Hilfe der EU.
Weil Bayern mit der Auflistung von ökologisch wertvollen FFH-Gebieten (Flora-Fauna-Habitat) im Verzug war und die Naturschützer zwei solcher Gebiete ausgerechnet im geplanten Trassenverlauf ausgemacht hatten, kam es durch erneute Rechtsmittel zu einem Baustopp.
Eine dieser beiden Flächen ist ein fußballfeldgroßes Quellmoor in einer Talsenke bei Enzenstetten. Um bei diesem Teilaspekt des Mammutverfahrens die Siegerstraße nicht zu verlassen, entschlossen sich die Autobahnbauer, den geplanten Damm durch eine Brücke über das Moor zu ersetzen. Es hätte eine Stahlkonstruktion werden sollen. Doch dann trieben die explodierenden Rohstoffpreise eine beteiligte Baufirma an den Rand des Ruins. Als Kompromiss machten die Behörden ein Zugeständnis: Die Brücke wurde in Beton gebaut. Wegen des höheren Gewichts musste das Fundament nunmehr mit 4000 statt mit 3000 Pfählen im Talgrund verankert werden, was erneut für eine Zeitverzögerung sorgte.
Wenn am 1. September die Strecke von Nesselwang bis zum Grenztunnel offiziell freigegeben wird, ist die Talbrücke Enzenstetten noch zur einen Hälfte im Bau. Die Fahrbahn wird vorläufig auf rund einem Kilometer Länge auf zwei Spuren verengt.
Die Bevölkerung im Füssener Voralpenland lässt sich dadurch ihre Freude über die Verkehrsentlastung nicht vergällen. Die seit Jahrzehnten vom Durchgangsverkehr besonders geplagte Gemeinde Nesselwang hat für Ende September zu einer „A-7-Party“ eingeladen. „Wenn wir mal ein paar Tage durchgeschnauft haben, werden wir unsere Ortsdurchfahrt komplett sperren, für ein paar Stunden zu einer großen Fußgängerzone umgestalten und die Chronologie der Baugeschichte ausstellen“, sagt Bürgermeister Franz Erhart: „Unsere Begeisterung über die Fertigstellung ist jedenfalls riesengroß.“
(Quelle: welt.de/reise/article4394691/D…-Autobahn-ist-fertig.html)
k-pax
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