Theoretisch Unendliche Kabotage?

    • Theoretisch Unendliche Kabotage?

      Hallo zusammen,

      wir haben uns heute im Büro über die Kabotage-Regelungen innerhalb der EU unterhalten.

      Ich denke jeder kennt die 3 in 7 Regel, wonach ein Frachtführer 3 Transporte innerhalb von 7 Tagen in einem fremden EU-Land durchführen darf.

      Dabei sind einige Fragen aufgetaucht die wir diskutiert haben und keiner wusste so richtig die Antwort. Auch das Internet was ich jetzt seit über 3 Stunden durchforste, hat mir noch keine eindeutigen Antworten liefern können, daher seid ihr meine letzte Hoffnung. :)

      Folgendes Beispiel:

      Ein deutscher Frachtführer führt einen Initial-Transport von Deutschland nach Spanien durch. Im Anschluss macht er 3 Kabotage-Fahrten innerhalb von Spanien.

      1. Frage:
      Darf er nach den Kabotage-Transporten wieder eine Sendung in Spanien für Frankreich laden? (hier waren wir alle der Meinung, das er das darf)

      2. Frage:
      Falls ja, darf er nach der vollständigen Entladung in Frankreich nun dort wieder 3 Kabotagetransporte durchführen?

      3. Frage:
      Falls ja, dürfte er nun wieder in Frankreich für Spanien laden und dann anschließend wieder 3 Transporte durchführen.

      Man könnte die Frage auch zusammenfassen: Ist diese unendliche Kabotage aktuell möglich? Oder muss der Unternehmer nach Ausschöpfung des Kabotagekontingents wieder zurück in sein Heimatland fahren?

      In der EU-Verordnung 1072/2009 habe ich dazu nichts gefunden. Da steht nur, dass 3 in 7 erlaubt sind. Aber nicht ob das wieder von neu gilt wenn ich in das nächste Land (beladen) fahre.

      Vielleicht weiß ja jemand mehr!

      Danke Euch vorab. :) :)

      Viele Grüße
      Transporter83
    • Hallo,

      1. Frage: ja
      2. Frage: ja
      3. Frage: ja

      Fahrzeugrückkehr zum Standort nach den Änderungen gemäss dem neuen EU Mobilitätspaket nach spät. 8 Wochen
      Ebenfalls neu im EU-Mobilitätspaket - tritt im Februar 2022 in Kraft:
      4-Tägige Abkühlphase nach 3x7 Kabotagebeförderungen, von einer Rückkehr ins Heimatland ist nicht die Rede

      Auszug aus EU VO 2020/1055 , in der die Änderungen der VO 1071/2009 und 1072/2009 durch das Mobilitätspaket veröffentlicht sind:
      Artikel 8 wird wie folgt geändert:
      a) Folgender Absatz wird eingefügt:„(2a) Kraftverkehrsunternehmen dürfen innerhalb von vier Tagen nach Ende ihrer Kabotagebeförderung in einem Mitgliedstaat keine Kabotagebeförderungen mit demselben Fahrzeug oder im Fall einer Fahrzeugkombination mit dem Kraftfahrzeug desselben Fahrzeugs im selben Mitgliedstaat durchführen.

      Der Link zur kompletten VO 2020/1055
      eur-lex.europa.eu/legal-conten…qid=1597220687221&from=DE

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Ahnungslos 3.0 ()

    • Ahnungslos 3.0 schrieb:

      Hallo,

      1. Frage: ja
      2. Frage: ja
      3. Frage: ja

      Fahrzeugrückkehr zum Standort nach den Änderungen gemäss dem neuen EU Mobilitätspaket nach spät. 8 Wochen
      Ebenfalls neu im EU-Mobilitätspaket - tritt im Februar 2022 in Kraft:
      4-Tägige Abkühlphase nach 3x7 Kabotagebeförderungen, von einer Rückkehr ins Heimatland ist nicht die Rede

      Auszug aus EU VO 2020/1055 , in der die Änderungen der VO 1071/2009 und 1072/2009 durch das Mobilitätspaket veröffentlicht sind:
      Artikel 8 wird wie folgt geändert:
      a) Folgender Absatz wird eingefügt:„(2a) Kraftverkehrsunternehmen dürfen innerhalb von vier Tagen nach Ende ihrer Kabotagebeförderung in einem Mitgliedstaat keine Kabotagebeförderungen mit demselben Fahrzeug oder im Fall einer Fahrzeugkombination mit dem Kraftfahrzeug desselben Fahrzeugs im selben Mitgliedstaat durchführen.

      Der Link zur kompletten VO 2020/1055
      eur-lex.europa.eu/legal-conten…qid=1597220687221&from=DE

      Hi Ahnungslos,

      vielen vielen Dank für deine Antwort. Wieder was gelernt! :)

      Was bedeutet das mit der Abkühlphase genau?
      Ich interepretiere das so, dass 4 Tage lang gar keine Kabotage mehr erlaubt ist, also in keinem Mitgliedsstaat.

      Wenn wir also bei dem Beispiel bleiben, dass unser Deutscher Frachtführer in Spanien die 3 Kabotagetransporte durchgeführt hat, darf er nun 4 Tage lang überhaupt keine Kabotagefahrten mehr durchführen, wohl aber grenzüberschreitende Transporte.

      Wenn er also einen Tag für den Transport von Spanien nach Frankreich benötigt, darf er in Frankreich auch keine Kabotage durchführen, es sei denn er wartet 3 weitere Tage. Habe ich das richtig verstanden?

      Oder darf er in Frankreich wieder Munter loslegen? Dann würde diese Abkühlphase aber nichts bringen?!
    • Transporter83 schrieb:

      Was bedeutet das mit der Abkühlphase genau?
      Ich interepretiere das so, dass 4 Tage lang gar keine Kabotage mehr erlaubt ist, also in keinem Mitgliedsstaat.
      Die Formulierung in der Verordnung lautet: " ....im selben Mitgliedstaat durchführen."
      Also kann der LKW im Anschluss durchaus in einen anderes Land wechseln und dort im gleichen Schema Kabotage fahren.

      Transporter83 schrieb:

      Dann würde diese Abkühlphase aber nichts bringen?!
      Das sehe ich nicht so. Zum einen gehe ich davon aus, dass Kabotage in grösserem Umfang nur in den westeuropäischen Flächenstaaten statt findet. Deutschland dürfte vermutlich der größte Kabotagemarkt sein. Bei kleinen EU-Staaten, in denen die Strecken bei max. 300 km liegen, dürfte das m.M. kein grösseres Thema sein.
      Wenn man als angrenzenden Flächenstaat Frankreich hernimmt, gibt es dort mit den ganzen Nachweisen für den franz. Mindestlohn inklusiv eines Bürgen in Frankreich Hürden, die FR für viele osteuropäische TU unattraktiv machen.
      Ausserdem muss man für jeden Kabotagemarkt die notwendigen Versicherungsdeckungen vorweisen können: Wer in DE bei Kabotage im LKW Segment keinen Versicherungsnachweis über die erweiterte Haftung gemäss HGB inkl. Höherhaftung bis 40SZR vorlegen kann, wird es eher schwer haben, von einem professionellen Auftraggeber einen Auftrag für einen innerdeutschen Transport zu erhalten.
      In anderen Ländern werden ähnliche "Feinheiten" Voraussetzung sein, um dort national mitspielen zu können.
      In der Praxis sehe ich deshalb die Wahrscheinlichkeit einer Kabotage-Tingelei von einem Land in das andere eher als gering an.
    • Ok, das habe ich verstanden.

      Aber wenn doch ein ausländischer Frachtführer bisher (also heute) nach 3 Kabotagefahrten theoretisch das Land beladen oder leer verlassen muss, was bringt darüber hinaus noch eine Abkühlphase von 4 Tagen in diesem Land?

      Er muss es doch sowieso verlassen, auch wenn er keine Abkühlphase einhalten muss?! Die Abkühlphase soll doch das Ziel haben, dass der TU nicht 4 Tage in dem Land wartet sondern es auch verlässt um irgendwo anders Kabotage zu betreiben.

      Aber das muss er doch sowieso nach 3 Kabotagefahrten.

      Irgendwie steh ich auf dem Schlauch....

      ?( ?( ?( ?( ?(
    • Als 7-Tage-Periode wird ja üblicherweise (auch wenn das m.W. nirgendwo so definiert ist) die Kalenderwoche gesehen.
      Bsp.:
      TU verlässt am Freitag nach 3 Kabotagetransporten DE ins Ausland, lädt dort Montag - u.U. eine Kurztour laden -liefern, und startet dann event. schon Montag nachmittag erneut mit Kabotage in DE.
      Mit einer 4-tägigen Abkühlphase wäre er dann ab Mittwoch wieder im Spiel....
      Wobei diese Maßnahme allein nur einen begrenzten Effekt hat. Wichtiger ist es, die Kabotage kontrollierbar zu machen, um den Missbrauch über 3x7 hinaus, der momentan nur sehr schwer nachgewiesen werden kann, einzudämmen.

      Dazu weiter in VO 2020 / 1055:
      "Absatz 3 Unterabsatz 1 erhält folgende Fassung:„(3) Innerstaatliche Güterkraftverkehrsdienste, die im Aufnahmemitgliedstaat von gebietsfremden Verkehrsunter­nehmern durchgeführt werden, gelten nur dann als mit dieser Verordnung vereinbar, wenn der Verkehrsunterneh­mer eindeutige Belege für die vorhergehende grenzüberschreitende Beförderung sowie für jede durchgeführte darauf folgende Kabotagebeförderung vorweisen kann. Falls sich das Fahrzeug innerhalb der Frist von vier Tagen vor der grenzüberschreitenden Beförderung in dem Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats befunden hat, muss der Verkehrsunternehmer zudem eindeutige Belege für alle Beförderungen vorlegen, die in diesem Zeitraum durch­geführt wurden.“
      Die wichtigste Maßnahme zur Kontrollierbarkeit wird aber die Einführung der nächsten Generation des Digi-Tachos sein, dem sog. intelligenten Fahrtenschreiber, wo Ortspunkte (wie der Grenzübertritt) festgehalten werden.

      Und am wichtigsten: Es muss der politische Wille vorhanden sein, Kabotagemißbrauch durch Kontrollen zu verhindern und zu ahnden.
      Auch wenn Kontrollen im Moment noch ein relativ stumpfes Schwert sind, da es mit den derzeitigen Möglichkeiten schwierig ist, Kabotagemißbrauch nachzuweisen, wurden mit zwei Großkontrollen in den letzten Monaten deutliche Signale gesetzt, ,dass das Thema mittlerweile auf dem Radarschirm ist.
    • Naja, die Mitführpflicht der Dokumente hilft bei der Kontrolle schon was. Dokumente nicht vorweisbar -> Kabotageverstoß und ne Leerfahrt quer durch Deutschland kann mir keiner erzählen.

      unser PL-Holzkutscher kommen Montags mit Fracht rein, fahren 3 Fahrten, die letzte leer nach PL oder CZ, kommen beladen wieder rein und weiter gehts mit der Kabotage. Im Schnitt fahren die 2 Touren am Tag beladen zu nem Sägewerk. Kann sich jeder durchrechnen wieviel die fahren.

      Selbst der Reinert disponiert PL Fahrzeuge nach der beladenen Einreise quer durch Deutschland 3 Touren und dann wieder von irgendwo nach Hause.

      Girteka 3 Touren Kabotage und dann ne Kurztour in die Schweiz oder Östereich oder NL, voll wieder rein und weiter gehts.

      Durch diese kurze grenzüberschreitende Beförderung gehts eben immer wieder mit der Kabotage los, was in Zukunft nicht mehr gehen soll. Die Fahrzeuge des letzteren und vieler anderer aus dem "Ostblock" kommen Nie oder fast Nie nach Hause.
      Schaun wir mal, was mit den beschlossenen Regelungen wird. Eine gegebene Neutralität kann man der RO-Verkehrskommissarin der EU ja scheinbar nicht nachsagen. Schließlich bekommt se scheinbar zu Hause Druck, was gegen die Beschlüsse zu machen.