Seetransporte über das Rote Meer

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      Das Rote Meer, die Huthi-Angriffe und die Versicherungsproblematik

      Die Passage im Roten Meer und der Zugang zum Suez-Kanal sind für die Wirtschaft von zentraler Bedeutung. Ca. 12 % des Welthandels werden durch diese Passage abgewickelt, daher sind die Angriffe der Huthi-Rebellen ein massiver Eingriff in Lieferketten. So musste beispielsweise Tesla die Produktion vorläufig stilllegen, weil benötigte Zulieferteile durch die Umfahrung der Problemregion – über das Kap der Guten Hoffnung – mit deutlicher Verspätung das Ziel erreichten.

      Auswirkungen auf den Versicherungsschutz

      Was hat das mit Versicherung zu tun? Abgesehen von steigenden Prämien für die Kasko-Versicherung von Schiffen sind auch Gütertransportversicherungen und gegebenenfalls auch die Haftungsversicherungen der Spediteure und Logistiker betroffen. Wenn ein Güterschaden durch den Beschuss der Huthi-Rebellen oder eine Verspätung durch die Umfahrung Afrikas (zwischen 14 bis 21 Tage) eintritt, stellt sich die Frage der Haftung und des Versicherungsschutzes für diese Ereignisse.
      Wie sind diese Angriffe zu definieren, handelt es sich um höhere Gewalt, mit der Folge, dass keine Haftung besteht?
      Höhere Gewalt ist im Bürgerlichen Gesetzbuch nicht definiert, sondern nur durch die Rechtsprechung festgelegt. Demnach liegt höhere Gewalt dann vor, wenn „ein von außen kommendes, keinen betrieblichen Zusammenhang aufweisendes und auch durch die äußerste vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht abwendbares Ereignis“ eintritt, BGH Urteil vom 16. Mai 2017 – X ZR 142/15. Das ist immer noch etwas unbestimmt, anerkannter Weise fallen aber Krieg und terroristische Anschläge unter diesen Begriff.
      Das bedeutet aber nicht, dass die Berufung auf höhere Gewalt unendlich ausgedehnt werden kann. Die ersten Angriffe im November 2023 fallen sicherlich noch unter die höhere Gewalt und die Reeder, Spediteure und Logistiker können sich darauf berufen. Wer aber im weiteren Verlauf mit der Kenntnis, dass bei der Passage Raketen- und Drohnen-Angriffe erfolgen können, dennoch in die Passage fährt und die Menschen, Schiffe und Güter diesen Gefahren aussetzt, kann sich nicht mehr darauf berufen, dass es sich um ein „nicht abwendbares Ereignis“ handelt, denn es war vorhersehbar, dass so ein Angriff erfolgen könnte.
      Die großen Reedereien haben darauf bereits reagiert und wählen nun die längere Passage um das Kap der Guten Hoffnung.

      Transportversicherung

      Unter dem Aspekt der Transportversicherung sind momentan 2 Klauseln zu beachten. Solange die Transportversicherer die „Kriegs-Klausel“ nicht gekündigt haben – noch ist kein Fall bekannt – sind Güterschäden bei der „all risk-Deckung“ versichert, sofern die „Kriegsklausel“ mit gezeichnet ist.

      Nicht versichert sind jedoch Verspätungsschäden durch die Umfahrung Afrikas nach der „Vermögensschaden-Klausel“, da hier der Ausschluss von Krieg oder kriegsähnlichen Ereignissen zum Tragen kommt.
      Die Änderung des Reiseweges kann ebenfalls hinsichtlich des Versicherungsschutzes problematisch werden. Hier sollte der Versicherte / Versicherungsnehmer auf jeden Fall seinen Versicherer rechtzeitig darüber informieren

      Verkehrshaftungsversicherung

      Im Rahmen der Verkehrshaftungsversicherungen sind Schäden durch Krieg oder kriegsähnliche Ereignisse ausgeschlossen. Damit sind Güter-, Güterfolge- und Vermögensschäden vom Versicherungsschutz ausgeschlossen – dies gilt auch für Lieferfristüberschreitungen.
      Das ist aber nicht gleichbedeutend damit, dass damit auch die Haftung ausgeschlossen ist. Eine Haftung kann je nach Vertragsgestaltung gegeben sein, insbesondere Logistikverträge oder Projektverträge enthalten oftmals divergierende Haftungsregelungen.

      Vorgehen

      Nach dem Text in Ziffer 12.2 der Allgemeinen Deutsche Spediteurbedingungen (ADSp) 2017 ist angesichts der augenblicklichen Situation ein Leistungshindernis zu konstatieren, denn kriegerische und terroristische Akte zählen als solches dazu. Bei Leistungshindernissen sind die Vertragsparteien für die Dauer der Störung von ihren Leistungspflichten befreit, müssen aber den Vertragspartner informieren und der Spediteur muss Weisungen einholen. Diese Weisungen können auch Regelungen über die Kostentragung (siehe unten) enthalten.
      Sind die ADSp 2017 nicht vereinbart, ist der Spediteur auf den „Good Will“ seines Auftraggebers angewiesen, wenn nicht in individuellen Logistik- oder Rahmenverträgen entsprechende Regelungen getroffen sind. Gegebenenfalls hilft hier aber eine individuell vereinbarte „Force Majeure Klausel“ oder die Berufung auf Unmöglichkeit der Leistung infolge höherer Gewalt.
      Mehrkosten sind ein weiteres Problem für die Spediteure. Wenn die Reedereien die Umfahrung Afrikas vornehmen, um Schäden durch kriegerische Ereignisse zu vermeiden, entstehen durch die Mehrzeit und den weiteren Seeweg erhebliche Mehrkosten (z.B.: Treibstoff, Personalkosten etc.). Diese werden gegenüber dem Vertragspartner – in der Regel die Spediteure und Logistiker – ggf. vor Auslieferung der Güter geltend gemacht. Der Spediteur seinerseits kann vom Auftraggeber gemäß Ziffer 16 ADSp 2017 diese Kosten nur dann verlangen, wenn sie bei Angebotsabgabe bzw. Vertragsschluss nicht vorhersehbar waren. Wurden die Speditionsverträge allerdings nach den ersten Vorfällen geschlossen, hat der Spediteur keinen Anspruch auf die Mehrkosten gegenüber seinem Auftraggeber, da zu diesem Zeitpunkt bei aller gebotenen Sorgfalt abzusehen war, dass die Reedereien die Umfahrung Afrikas als Alternative empfehlen und vornehmen werden.
      Also ist der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ganz entscheidend!
      Gegenüber dem Verkehrshaftungsversicherer besteht kein Anspruch, diese Mehrkosten als „Schadensminderungskosten“ oder „Schadenverhütungsaufwendungen“ geltend zu machen, da es sich um nicht versicherte Schäden handeln würde.
      Fabian Chr. Ude

      KRAVAG-LOGISTIC Versicherungs-AG
      Direktionsbevollmächtigter Transportversicherung
      Voltastr. 84
      60486 Frankfurt/Main
      Tel 069-7803 1898
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