Pfandrecht im Transportgewerbe von RA Dr. Matthias Knörr

  • Pfandrecht im Transportgewerbe von RA Dr. Matthias Knörr

    Die Frage, wann ein Spediteur bzw. Frachtführer ein Pfandrecht an dem Transportgut ausüben darf, stellt eine der schwierigsten Rechtsfragen des Transportrechts dar.

    Zum einen gewährleistet das Pfandrecht eine effektive Durchsetzung der Vergütungsansprüche des Transportunternehmers. Zum anderen läuft er jedoch Gefahr, bei unberechtigter Pfandausübung erhebliche Schadenersatzforderungen auszulösen.

    Die Komplexität der bei einer Pfandrechtsausübung zu beachtenden Rechtsfragen lässt es dringend angeraten erscheinen, bei jeder Pfandrechtsausübung sofort entsprechenden Rechtsrat einzuholen. Nachfolgend können lediglich die wichtigsten Eckpunkte wie folgt festgehalten werden:

    • Kann ein Pfandrecht nur wegen offener Forderungen aus dem jeweiligen Transport ausgeübt werden?

    Nein, auch die Geltendmachung eines Pfandrechts für Ansprüche aus früheren Transporten ist möglich, wobei jedoch wesentlich engere Grenzen für die Pfandrechtsausübung gelten.

    • Kann ein Pfandrecht auch dann ausgeübt werden, wenn Auftraggeber bzw. Rechnungsschuldner nicht der ursprüngliche Warenabsender, sondern ein Zwischenspediteur ist?

    Ja, dies ist möglich, jedoch in aller Regel nur wegen offener Forderungen aus dem jeweiligen Transport. Ein Pfandrecht wegen Ansprüchen aus dem konkreten Transport kann unabhängig von der Eigentumslage am Transportgut ausgeübt werden. Daher ist auch die Geltendmachung gegenüber dem Zwischenspediteur, welcher in der Regel nicht Eigentümer des Transportguts ist, möglich.

    • Unter welchen Voraussetzungen können Ansprüche gegenüber dem Auftraggeber auch für Forderungen aus früheren Transporten geltend gemacht werden?


    Die Ausübung eines Pfandrechts ist in diesen Fällen nur möglich, wenn

    a) der Auftraggeber Eigentümer des Transportguts ist oder jedenfalls zu sein scheint und
    b) die älteren Forderungen als solche nicht bestritten werden oder bereits gerichtlich festgestellt sind.

    • In welcher Form muss das Pfandrecht geltend gemacht werden?

    Eine schriftliche Geltendmachung ist nicht zwingend erforderlich, jedoch aus Beweisgründen zweckmäßig.

    • In welcher Form muss das Pfandrecht geltend gemacht werden?

    Die Pfandverwertung erfolgt in der Regel durch Versteigerung unter Beachtung bestimmter Fristen. Eine freihändige Pfandverwertung durch Verkauf ist in aller Regel nur mit Abstimmung mit dem Schuldner möglich. In der Praxis führt sie jedoch zumeist zu keinen gravierenden Nachteilen für den Spediteur. Darüber hinaus genügt häufig die Geltendmachung des Pfandrechts schon, um eine Zahlung des Schuldners zu veranlassen.


    RA Dr. Matthias Knörr
  • RE: Pfandrecht --- von RA Dr. Matthias Knörr

    Sehr geehrter Herr Dr. Knörr,

    eines unserer Schwerpunkte ist die Durchführung von Speditionspfandrechtsversteigerungen. Insbesondere die freihändige Verwertung von Speditionspfand nach den ADSP ist mit erheblichen Risiken verbunden. Bin gerade als Gutachter von einem OLG in einem solchen Fall bestellt.

    Übrigens wird das Argument des Eigentumsvorhalts bei fast jeder gewerblichen Pfandrechtsverwertung von Seiten der Schuldnern gebracht. Entweder um die Versteigerung zu verhindern oder um die Höhe der Verbindlichkeit im Verhandlungsweg zu reduzieren.

    Lösung für den Spediteur oder Logistiker. Versteigern lassen.

    Warum?

    1. Die Überprüfung der Vertragsverhältnisse seiner Schuldner ist nicht Aufgabe des Gläubigers/Spediteurs.

    2. Die weitere Aufbewahrung des Frachtgutes wäre für den Spediteur mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden.
    3. Es gibt kaum einen Weg die Forderung schneller zu realisieren.

    4. Es gibt für den Spediteur kein finanzielles Risiko. Die Verwertungskosten gehören zur Forderung und wir versteigern immer so lange bis die Forderungen
    gedeckt sind.

    5. Die Versteigerung erfolgt zwingend öffentlich. Somit ist die Möglichkeit der Kontrolle einer ordnungsgemäßen Durchführung der Versteigerung gewährleistet.

    6. Es darf lt. Versteigererverordnung keine Überverwertung vorgenommen werden. Der Versteigerer beendet die Versteigerung sobald die Höhe der Forderung erreicht ist.

    6. Der allgemein öffentlich bestellte, vereidigte Versteigerer ist auf seine Unparteilichkeit und Verschwiegenheit vereidigt.

    Wie?

    Der Schuldner wird über den Versteigerungstermin termingerecht unterrichtet und kann dann wiedrum seinen Sicherungsnehmer informieren. Nur dieser kann und muß dann urkundlich belegen, ob und wie weit er Sicherungsrechte hat.

    Bis das geschehen ist, ist im gewerblichen Bereich die Versteigerung nach HGB(Versteigerungstermin eine Woche nach Ankündigung) meist bereits abgeschlossen. Wir zahlen sofort nach Beendigung der Versteigerung den Erlös bei der Hinterlegungsstelle des zuständigen Amtsgericht zugunsten der Anspruchsberechtigten ein und verzichten selber auf Rückzahlung. Der Sicherungsnehmer kann dann innerhalb von 2 Wochen seinen Anspruch begründen. Er muß dann dem Gericht gegenüber seinen berechtigten Anspruch urkundlich belegen. Vom Gericht wird fast immer nach Ablauf der 2 Wochenfrist an den Spediteur ausbezahlt.

    Im Gegensatz zur freiwilligen Versteigerung (z.B. Kunstauktion) geht es bei der Pfandrechtsverwertung in erster Linie nicht darum einen höchstmöglichen Verkaufspreis zu erzielen. Hier kommt dass Sorrugatsprinzip zum Tragen, d. h. der Versteigerer wandelt lediglich den Sachwert in Geldwert. Daraus werden dann die Forderungen der Anspruchsberechtigten befriedigt.

    So ist die Forderung des Spediteurs gesichert und es fallen für ihn keine zusätzlichen Lagerkosten an. Zumindest sichert man sich als Spedition eine wesentlich bessere Verhandlungsposition.

    Die Bieter sind nach § 935 BGB geschützt. Deshalb besteht auch von dieser Seite kein Prozessrisiko für den Spediteur.

    Siehe § 935 BGB Kein gutgläubiger Erwerb von abhanden gekommenen Sachen (1)
    Der Erwerb des Eigentums auf Grund der §§ 932 bis 943 tritt nicht ein, wenn die Sache dem Eigentümer gestohlen worden, verlorengegangen oder sonst abhanden gekommen war. Das Gleiche gilt, falls der Eigentümer nur mittelbar Besitzer war, dann, wenn die Sache Besitzer die Sache abhanden gekommen war.
    (2) Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf Geld oder Inhaberpapiere sowie auf Sachen, die im Wege der öffentlichen Versteigerung veräußert werden.

    Der hoheitliche Akt der öffentliche Versteigerungen dürfen nur von Gerichtsvollziehern, Notaren oder allgemein öffentlich Versteigerern (Legaldefiinition § 383 BGB) durchgeführt werden.

    Uns erreicht die Bitte um Durchführung von Speditionspfandrechtsversteigerungen in der Regel über Rechtsanwälte. Wir können davon ausgehen, dass diese Ihre Mandantschaft gut beraten haben. Uns ist jedenfalls kein Fall bekannt, dass eine durch uns durchgeführte Verwertung zu einem juristischen Nachspiel geführt hat.

    Man bedenke, dass es sich bei Speditionen in der Mehrzahl um personalintensive mittelständische Betriebe handelt, die auf pünktliche Zahlungseingänge dringend angewiesen sind.

    Für die uns beauftragenden Speditions- und Logistikbetriebe ist die Realisierung Ihrer berechtigten Forderungen mittels einer Versteigerung meist die verzweifelte Ultima Ratio. Wahrscheinlich aufgrund dessen erlebt die Nutzung der Alternativen, welche das gute alte BGB und HGB in Sachen Pfandrecht bieten, wieder eine Renaissance.

    Mit freundlichem Gruß

    F. Eberhard Ostermayer
    Allgemein öffentlich bestellter, vereidigter Versteigerer
    Email feo@die-auktionsprofis.de
    F. Eberhard Ostermayer
    Allgemein öffentlich bestellter, vereidigter Versteigerer

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